Version 3.0 : xier Pronomen ohne Geschlecht

Einleitung

Die aktuelle Version der Pronomen ohne Geschlecht gibt es auf der Pronomenseite. Bei der dritten Version der Pronomen ohne Geschlecht haben sich einige Aspekte verändert. Die Kommentare von Liliane Gross auf dieser Webseite haben mich 2012 überzeugt den Anfangsbuchstaben aller Pronomen von “s“ auf “x“ umzustellen. Den Anfangsbuchstaben der Demonstrativpronomen habe ich bei „d“ belassen. Weiterhin wurden die Possesivpronomen an die bestehende Grammatik angepasst um sie leichter erlernbar zu machen. Außerdem können die Demonstrativpronomen auch als Relativpronomen benutzt werden. Andere haben das einfach mal gemacht und ich habe die jetzt dazu genommen.

Bei den Pronomen ohne Geschlecht handelt es sich um Pronomen für die 3. Person Singular, die sich jedoch nicht wie er|sie auf ein bestimmtes Geschlecht beziehen. Die Pronomen beziehen sich auf Menschen, aber das Geschlecht wird beim Sprechen nicht festgelegt. Es gibt folgenden Pronomen ohne Geschlecht: das Personalpronomen xier, das Possesivpronomen xieser, das Demonstrativ- und das Relativpronomen dier. Dabei werden immer alle vier Fälle berücksichtigt. Außerdem geht es um die Verwendung dieser Pronomen, ihre englischen Vorbilder, Substative ohne Geschlecht und um die passenden Adjektivendungen.

Wozu sind sie gut

Die Verwendung einer geschlechtsneutralen, allgemeinen Form macht Sinn, wenn Geschlecht im betrachteten Zusammenhang unwichtig ist. Der generische Maskulin ist eben wie der Name schon sagt eine maskuline grammatische Form. Das Wort generisch verweist auf eine allgemeine Anwendbarkeit, was oft gerade in den Köpfen der Leser nicht funktioniert. Es gäbe die Möglichkeit er_sie zusammen zu sagen. Bei den Pronomen ohne Geschlecht werden jedoch auch andere geschlechtliche Identifikation angesprochen.

Es gibt eben Menschen, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen wollen oder können. Pronomen ohne Geschlecht können für Personen abseits der beiden Pole weiblich und männlich zu mehr Sichtbarkeit führen. Damit ich einen weiteren Teil Sprache/Grammatik habe wenn ich über Männer, Frauen und alle Anderen im allgemeinen reden möchte.

Die Pronomen ohne Geschlecht können für alle Menschen verwendet werden. Allerdings schaffe ich nicht gerne etwas ab, bevor sich etwas neues sinnvoll etabliert hat. Deshalb bilden die Pronomen zunächst eine mögliche Alternative. Es ist für mich aber eine schöne Vorstellung, dass geschlechtsspezifische Pronomen nur wenn nötig, also wenn das Wissen um das Geschlecht irgendwie wichtig ist, benutzt werden und dass sonst immer geschlechtsneutrale Pronomen verwendet werden.

Ich denke nicht dass geschlechtsneutrale Sprache automatisch zu mehr Geschlechtergerechtigkeit und weniger Geschlechtererwartungen in einer Gesellschaft führen. Sie könnten im Gegenteil auch als Mittel gegen feministische Bestrebungen verwendet werden und die Unsichtbarkeit von Frauen in der Sprache erhöhen. Deshalb machen geschlechtsspezifische Pronomen im Kontext von feministischem Aktivismus sehr viel Sinn. In diesem Kontext geht es ja auch um Geschlecht. In vielen anderen Zusammenhängen aber nicht.

Außerdem gibt es mit ihnen eine Möglichkeit Pronomen ohne Geschlecht aus englischen Texten zu übersetzen.

Eine schnelle Erklärung

Eine komplette kurze Erklärung gibt es im MiniComic 11 Xier. In diesem Minicomic werden die Personalpronomen an Hand einer Geschichte über Weinbergschnecken erklärt.

Ausschnitt aus dem Minicomic 11 Xier, gezeichnet, Schnecke kriecht durchs Salatbeet

Ich bin nicht dier erste, dier sich Schnecken aussucht um Zusammenhänge abseits der zwei Geschlechterkategorien zu illustrieren. Schnecken unterscheiden sich eher nach der Richtung der Hausspirale als nach potentiellen Fortpflanzungsaufgaben. Schnecken gibt’s auch bei Trouble X zum Beispiel im Comic ver*flucht .

Das MiniComic 11 gibt es genauso wie alle anderen MiniComics in gefalteter Form aus Papier. Diese Büchlein sind in etwa so groß wie ein Kondom. Es gibt sie im Kunst- und Textwerk im Münchner Westend.

Wie spreche ich xier aus?

Das x am Wortanfang wird wie für ein x typisch [ks] ausgesprochen. Das darauffolgende ie ist ein langes i, [i:]. Die Aussprache des Personalpronomen xier lautet [ksi:r].

Personalpronomen

Die weiblichen Personalpronomen in der dritten Person sie|ihrer|ihr|sie und die männlichen er|seiner|ihm|ihn werden um xier|xies|xiem|xien ergänzt.

  1. Wer schreibt? Xier liest und schreibt.
  2. Wessen schäme ich mich? Ich schäme mich xies.
  3. Wem gehört das? Das gehört xiem.
  4. Wen brauchst du? Du brauchst xien.

Possesivpronomen

Mit dem Possesivpronomen wird Besitz oder Zugehörigkeit ausgedrückt. Für die 3. Person der Possesivpronomen wird der Stamm nach Geschlecht der Besitzenden unterschieden, also herkömmlicherweise ihr und sein. An diese Stelle tritt sies. Dieser Stamm des Pronomens ohne Geschlecht ist wie die herkömmlichen Formen an den Genitiv der Personalpronomen angelehnt. Die Endungen leiten sich vom Geschlecht dessen ab was die besprochene Person besitzt. Die Endung bezieht sich auf ein Substantiv ohne Geschlecht oder ein weibliches, männliches oder sächliches Substantiv. Deshalb sind zusätzlich Endungen für Subjekte ohne Geschlecht definiert. Sie leiten sich von den entsprechenden Fragewortbestandteilen er|es|em|en ab. Alle anderen Endungen ändern sich nicht.

  1. Wer schreibt? Xieser Kolleg*, xiese Kollegin, xies Kollege und xies Kind lesen und schreiben.
  2. Wessen schäme ich mich? Ich schäme mich xieses Kolleg*, xieser Kollegin, xieses Kollegen und xieses Kindes.
  3. Wem gehört das? Das gehört xiesem Kolleg*, xieser Kollegin, xiesem Kollegen und xiesem Kind.
  4. Wen suchst du? Ich suche xiesen Kolleg*, xiese Kollegin, xiesen Kollegen und xies Kind.

Demonstrativpronomen

Demonstrativpronomen, die bestimmten Artikel die|der, werden im süddeutschen Raum vor Namen verwendet. Sie sollen nicht den Menschen “versächlichen”, sondern persönliche Nähe ausdrücken. Und es gibt sie auch in 4 Fällen die|der|der|die und der|des|dem|den.

Die geschlechtsneutralen Demonstrativpronomen werden aus dem Wortstamm die und dem entsprechenden Fragewortbestandteil gebildet: dier|dies|diem|dien.

  1. Wer schreibt? Dier Jona liest und schreibt.
  2. Wessen schäme ich mich? Ich schäme mich dies Peters.
  3. Wem gehört das? Das gehört diem Sarah.
  4. Wen brauchst du? Du brauchst dien Sascha.

Relativpronomen

Mit Relativpronomen werden Nebensätze eingeleitet, sie sind oft gleichlautend mit den bestimmten Artikeln. Die Relativpronomen ohne Geschlecht richten sich einfach nach den Demonstrativpronomen ohne Geschlecht, dier|dies|diem|dien. Es folgen vier Beispiele für jeden Fall eines:

  1. Es sollen alle mitmachen, dier schon gut Bass spielen können.
  2. Ich will xies als jemand, dies ich mich schäme nicht einladen.
  3. Jemand, diem das gefällt, wäre am besten geeignet.
  4. Jemanden, dier sich auskennt, dien holen wir.

Substantiv

Substantive ohne Geschlecht gibt’s ja schon. Zum Einen den Unterstrich von
Steffen Kitty Herrmann („Performing the Gap – Queere Gestalten und geschlechtliche Aneignung“, arranca! Nr.28). Der Zwischenraum steht symbolisch für die Vielfalt neben der männlichen und weiblichen Form: Blogger_in. Außerdem gibt es den „*“, der sich an Wörter anhängen lässt. Auch dieser drückt Vielfalt aus und ist an die Verwendung des „*“ bei Suchfunktionen angelehnt: Blogger*.

Genau diese Substantive benötigen die Pronomen ohne Geschlecht. Das war ein weiterer Anfangspunkt bei der Entwicklung der Pronomen, da ich mich gefragt habe wie ich die Substantive in meine Sätze einbette. Eine Übersicht weiterer Formen findet sich unter Deutsche Sprache abseits der Zweigeschlechtlichkeit oder bei Joshua Taubert („Queere Sprachvermittlung im Kontext des DaF/DaZUnterrichtes“, in „Queer leben -queer labeln“, 2008) und Beatrice Fischer & Michaela Wolf, („Geschlechtergerechtes Formulieren“, Institut für theoretische und angewandte Translationswissenschaft, Universität Graz, 2009).

Adjektive

Neben den Pronomen und den Substantiven, beziehen sich auch die Adjektive mit ihren Endungen auf das Geschlecht der beschriebenen Person. Hier können einfach die Endungen des Possesivpronomens ohne Geschlecht das sich auf xier bezieht, verwendet werden. Die Endungen er|es|em|en orientieren sich in simpler Weise an den Fragewörtern des entsprechenden Falls.

  1. Wer schreibt? Dier sorgfältiger Jona schreibt.
  2. Wessen schäme ich mich? Ich schäme mich dies peinliches Peter.
  3. Wem gehört das? Das gehört diem kleinem Sascha.
  4. Wen brauchst du? Du brauchst dien verschwiegenen Sarah.

Bei den Adjektiven klingt es sehr ungewohnt besonders, weil sich die herkömmlichen Pronomen nicht so sehr an den Fragewortendungen orientieren. Aber vielleicht gibt es für die Adjektive in der Zukunft noch bessere Ideen.

Werden sie benutzt?

Ich hab mich voll gefreut als ich daraufhingewiesen wurde, dass die Zine “ Wer “A“ sagt muß nicht “B“ sagen „ die Pronomen ohne Geschlecht benutzt. Sie haben aus den Demonstrativpronomen gleich die Relativpronomen abgeleitet. Das habe ich dann auch hier mit aufgenommen.

[… Als jemand dier sich viel in queerfeministischen Kontexten aufhält, schien es mir unmöglich …]

Auf dem Blog von Patrick Pricken werden die Pronomen für Menschen verwendet deren Geschlechter dem Blogautor nicht bekannt sind oder wenn er in der allgemeinen Form über Menschen spricht.

[… Einen genaueren Überblick gibt es bei Siarauqa, dier sich viel Mühe mit der Auflistung gemacht hat. …]
[… Dass, wenn jemand auf das fehlende Einvernehmen aufmerksam gemacht wird, xier dieses Verhalten einstellt. …]

Ich freue mich auch über Anregungen, Links zu anderen deutschen geschlechtsneutralen Grammatiken und Links zu Webseiten wo die Pronomen ohne Geschlecht 3.0 verwendet werden. Wenn ihr anderen diese Pronomen verwendet würde ich mich sehr über Euer Feedback freuen. Schickt mir eine Email oder kommentiert auf dieser Webseite.

Die Idee geschlechtsneutraler Pronomen ist nicht neu. Auf Englisch gibt es verschiedene Varianten von genderneutralen Pronomen.

Nachdem wir damals unsere Pronomen entwickelt hatten, habe ich noch mal gründlicher nach deutschen Pronomen ohne Geschlecht recherchiert. Diese Alternativen finden sich bei Persson Perry Baumgartinger („Lieb[schtean] Les[schtean], [schtean] du das gerade liest“, in Liminalis 2008_02), Cabala de Sylvain & Carsten Balzer („Die SYLVAIN-Konventionen – Versuch einer „geschlechtergerechten“ Grammatik-Transformation der deutschen Sprache“, in Liminalis 2008_02) oder auf dem Mädchenblog.


Kommentare zu den Pronomen ohne Geschlecht können auf auf der Übersichtsseite abgegeben werden, gerne unter Angabe der Nummer der relevanten Version. Dort finden sich übersichtliche alle Kommentare zu allen Versionen.